"Was haben sie denn mit den Jungen gemacht?" - "Nichts, wieso?" - "Die sind so ruhig." : O-Ton einer Lehrerin in einem Förderzentrum an einem Freitag mittag. Jungen verändern in geschlechtshomogenen Gruppen ihr Verhalten, die Beschäftigung mit sich selbst, läßt ihre Aufmerksam bei sich ankommen. Die Situationen verändern sich, wenn die Mädchen auftauchen, die Jungen zeigen sofort ihr "Balzverhalten".
Jungen werden in einem System erzogen, das in den alltäglichen Interaktionen in einem großen Maße von Frauen bestimmt wird. Das bedeutet zum einen, dass Jungen männliche Lernmodelle fehlen, an denen sie sich etwas abgucken können, und zum anderen müssen sie sich von den weiblichen Modellen abgrenzen. Was trägt diese normale Schulsituation zum aggressiven Verhalten der Jungen bei?
Die Jungen verlieren sich auf ihrem Bildungsweg ... Auf dem Weg von der Grundschule bis zum Gymnasium verändern sich die Bilder, die sie von sich haben: Aus Figuren, an denen alles dran ist, entstehen Strichmännchen, die in einem großen System von Anforderungen verschwinden: mein Job, meine Familie, mein Auto. Im Gegensatz dazu stehen Bilder, die sie in den workshops "heimlich" gemalt haben, diese drücken aus, dass in ihnen noch kleinen Jungen leben.
Was bedeutet das für unsere Gesellschaft? Diese "verlorenen Jungen" leiten die Wirtschaft und die Politik. was sagt das über unser Selbstverständis aus?
Jungen werden selten als Opfer erkannt, für problematisches Verhalten werden sie reglementiert und bestraft. Jungen, die schwierige Zeiten durchleben, die massive Probleme haben und Begleitung brauchen, werden selten als solche erkannt. Eher werden sie für ihr problematisches Verhalten bestraft und reglementiert.
Hier greift wohl ein ganzes System an kulturellen, historischen und Alltags-Vorurteilen. Und ein grundlegendes Problem sind die fehlenden Väter, die Jungen im Alltag begleiten und auch Väter, die arbeiten gehen, sind für Jungen nicht anfassbar, angreifbar. Ein anders Problem ist, dass körperliche Gewalt als "normal" männlich eingestuft wird. Allerdings auch in dem Widerspruch, dass körperliche Kampeleien, spielerische Auseinandersetzungen sehr schnell verboten werden.
Sexueller MIssbrauch an Jungen ist weiterhin ein weitgehendes Tabuthema. Die Entstehung der AG "Jungen- und Männerarbeit in Dresden" beruht allerdings genau auf diesem Fakt. Ende der Neunziger Jahre flog ein Missbraucher-Ring auf, der jahrelang über 60 Jungen sexuell missbraucht hatte und es war vollkommen unklar, wie und wer mit diesen Jungen arbeiten konnte.
Ein weiteres sehr tief sitzendes Trauma sind die zerstörten Männergenerationen während er Weltkriege. Die Vorwürfe, dass Männer nicht über Gefühle sprechen können, bis dahin, dass Männer keine Gefühle haben, hängt wohl ursächlich auch damit zusammen.
Weshalb leben 30% der ledigen Männer über 30 Jahren bei ihren alleinerziehenden Müttern?